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Sächsisch gedacht

Aus: Besondere Nachricht vom Burzenland in Siebenbürgen, ertheilt von Josepho Teutsch z.Z. Pfarrer in Honigberg, A. 1 7 7 0 [Handschrift im Staatsarchiv Kronstadt]

2. MARKT Z e i d e n

§. 194

Dieser ist der zweyte in der Ordnung, deßen

[f.23]
Ursprung ungewiß ist. Einige wollen es von einem alten Volck, den Sydinis13 benandt wißen. Lateinisch heißt es Cidinum, in Privilegiis Ceida, ungarisch Feketehalom, Schwarzburg, welches vermuthlich die uhralte Benennung ist, walachisch Kotle.

§. 195

Die eigentliche Zeit der Erbauung kan nicht bestimmt wreden. Um das 1198 Jahr, wurden die Bürger alhier schlüßig, den Ort in eine Stadt zu verwandeln14, welches aber die Altstädter oder Braschower nicht zu laßen wolten, und behielten unter einer gewißen Bedingung die Oberhand, in solches der Gelehrte Croner Rector, Martin Drauth, in einer Oration15 anführet.

§.196

Es ist an einem ebenen Ort an einem Berg errichtet, und liegt der Stadt etwas abendwärts zu, ist sehr groß und volkreich, erstrecket sich mit vielen Gaßen in Länge und Breite.



13. Fantastischer Deutungsversuch.
14. Der Zeitpunkt ist zu früh angelegt, doch die Information belegt die zeitweilige wirtschaftliche Konkurrenz zwischen Zeiden und Kronstadt. Ein Ausgleich zugunsten Kronstadts scheint zur Zeit von König Sigismund von Luxemburg Anfang des 15. Jahrhunderts zustandegekommen zu sein.
15. Kurzrede.

§.197

Die Gebäude, die sich drinnen befinden, und vor andern merkwürdig sind, ist die Kirche, welche mit einer starken Mauer, an welcher Thürne sind, umgeben ist. Von außen ist ein ausgemauerter tiefe Graben. Innerhalb der Mauer, stehen viele ausgebaute Häuscher, in welchen die Einwohner das Ihrige verwahren. Das Chor der Kirchen ist gewolbet, das andere Theil nur getäfelt, und hat 3 Glocken, unter welchen eine 1430 gegoßen, aber nun umgeschmolzen, die kleinste aber sehr alt ist. Vor alters soll an der Abendseite dieses Orts eine Kirche gestanden seyn, von welcher der Hügel auch noch der Helschen (:heiligen:) Berg heißt. Es soll auch ein Schloß allhier gewesen seyn, wo aber, weiß man nicht: denn deßen wird in der Klag=Schrift der Burzenländischen Geistlichen Ao 135116 wie auch im Privilegio Ludovici I. de anno 1364 d. 3.Junii17, gedacht. In dieses Schloß soll sich 1268 der königliche Prinz Stephanus Dux Transilvaniae retiriret haben, als er mit seinem Vater, dem K(önig) Bela verfallen18, wie der gelehrte Timon19 schreibt.



16. Es muß wohl 1361 heißen. Doch es ist keine Klageschrift überliefert, sondern die königliche Verfügung, daß die zu Verteidigungszwecken eingezogene Zehntquarte der Burzenländer Pfarrer nach Ablauf von zwei Jahren diesen zurückgegeben wird (Urkundenbuch zur Geschichte der Deutschen in Siebenbürgen (Ub.), II. Bd., Nr.780, S.187f.) (28. Januar 1361). Es wird keine Zeidner Burg, nur Kastellane des Burzenlandes erwähnt.
17. Es handelt sich wahrscheinlich um die Urkunde, in der König Ludwig I. Kronstadt das Ofener Jahrmarktrecht verleiht (Ub.II, Nr.809, S.212f.) (10. Juli 1364). Hier wird verständlicherweise keine Zeidner Burg erwähnt.
18. Die Schlacht fand tatsächlich statt, doch nicht bei der Zeidner Schwarzburg, sondern höchstwahrscheinlich bei Zsidóvár (Jdioara) im südöstlichen Banat. König Béla IV. regierte von 1235-1270, sein Sohn Stephan V. 1270-1272.
19. Samuel Timon, schrieb Epitome Chronologica Rerum Hungaricarum et Transilvanicarum a Nativitate Divi Stephani Primi regis Apostolici (Chronologische Auszüge ungarischer und siebenbürgischer Ereignisse seit der Geburt des heiligen Königs Stefan).

§. 198

Das Feld, das die Einwohner anbauen, ist sehr

[f.23v.]
weitläufig, und bringt allerley Früchte hervor, besonders wächst hier der Flachs in großer Menge und hübsch, von welchem sich die Leute nähren, wie auch mit Weinfuhr und Holtz.

§. 199

Es giebt hier große Eich- und Buch=Wälder, wie auch Tannen; Waßers hat der Ort genug, welches oberwärts des Markts aus den schönsten Quellen einflißet. Desgleichen sind auch in den Höfen Quell-Brunnen. Im Rucken hat es den hohen Zeides=Berg; Wiesen sind auch ziemlich.

§. 200

Der Markt=Siegel ist eine Crone mit einer Wurzel, deßen Umschrift lautet: Sigil. Seniorum et Consulatus de Cidino.20

§.201

Die Einwohner sind Sachsen Evangelischer Religion, haben ihren Pfarrer, 2 Priester, Rector, Campan(ator), Cantor und Organisten, welche bey Kirche und Schule ihre officia21 verrichten. Walachen sind nicht wenige allhier, die aber keine Kirche haben, sondern sich aus dem Vladeny22 behelfen.

§.202

Übrigens ist die bürgerliche Verfaßung eben also, wie in Marienburg; sie haben 1 Richter, 1 Hannen, 8 Geschworne, 50 in der Altschaft, aber sind keine Dörfer unter deßen Juris Diction.



20. Siegel der Altschaft und Geschworenen von Zeiden.
21. Dienste.
22. Rumän. Vladeni.

§.203

Von besondere Freyheiten kan man nichts anführen, weil die Privilegia alle verlohren gegangen und nur ein neuer Gränz=Brief noch übrig ist. Es hat der Ort in den ältern Zeiten einen Wochen-Markt halten können, und besitzt das Jus gladii.

§.204

Ansonsten ist auch dieser Ort mancherley Ungemach unterworfen gewesen. In den Krieg müßte er Völck hergeben, von welchen öfters wenige zurück kommen sind; er ist von Türken und Tartaren verwüstet worden; 123823 und 1395 brandte der Markt ganz ab, wie auch im 15 und 16 Saec(ulo)24 zu vielemalen. Ao. 1611 d. 23. Mart. hieß der Siebenbürgische Fürst Bathori Gábor25 das Kirchen=Schloß beschießen; weil eine Besatzung aus der Stadt drinnen lag; d. 25. Merz ergaben die Einwohner das Schloß, da den die Be=

[f.24]
sazung heraus gezogen wurde, nach Weidenbach und Neustadt geführet, an welchen Oertern sie jämerlich das Leben eingebüßet haben. Ao. 1600 d. 20. Sept. steckten die Moldner Walachen den Ort an, und legen ihn gantz in die Asche. Ao. 1628 M(ense) Martio26 brandte er fast alles nebst dem Schloß ab. 1685 d. 3. Nov. brandte er wieder über die Helfte ab. 1701 d. 17 Junii ging die Kirche durch Unachtsamkeit in Rauch auf. Nachgehens ist sehr oft bald hier, bald da, ein Theil deßelben von den Flammen verzehret worden.



23. Vgl. Anmerkung 11.
24. Jahrhundert.
25. Fürst von Siebenbürgen 1608-1613.
26. Im Monat Mai.

3. Markt R o s e n a u

§.205

Dieser Markt ist der 3te in der Ordnung, und seinen Namen nicht von den Roßen oder Pferden, sondern von den Rosen, welche vermutlich da herum bey deßen Anlegung in der Menge gestanden27, wie er den auch im Siegel 3 Rosen führet. Ob aber der Ort der Alten Rosidava gewesen, will ich nicht behaupten. In Privilegiis heißt es Rosno, lateinisch Rosae, ungarisch und walachisch Rosno.

§.206

Von der Zeit seiner Erbauung könen wir so wenig gewißes sagen, wie von anderen Oertern dieses Districts, zumal weil keine alte Documenta vorhanden sind. Zum wenigsten muß es schon im 10 Saec(ulo)28 gestanden seyn29.



27. Eine etymologische Sage.
28. Vgl. Anm. 24.
29. Unzutreffend.

§.207

Dieser Markt liegt Cronen gegen Abend auf der Ebene, an einem Berg und erstrekt sich weit hinaus, in vielen Gaßen, und ist daher auch volkreich.

§.208

Man siehet darinnen, nebst den meist darinnen gemauerten Häusern, eine schöne Kirche, die mit einer einfachen niederen Mauer umfangen ist, und 3 Glocken hat. Das Chor ist gewölbet, das andere nur getäfelt, die beiden Seiten aber auch gewölbet. Allhier sind keine Häuscher, wie sonsten, angebauet, weil sie das Berg-Schloß brauchen, das ihrige in Sicherheit zu bringen. Das Schloß steht auf einem ziemlich hohen Berg, welchen jähe Felsen umgeben, deren sich viele auch im Schloß, selbsten befinden. Es ist ziemlich stark und mit Thürnen versehen, hat einen Schöpfbrunnen von 80 Claftern30 tief. Hieraus haben sich die Einwohner bey feindlichen Einfällen

[f.24v.]
mit Geschoß und Steinen oftmals rechtschafen gewehret.

§.209

Das Saat-Feld ist sehr groß, und gibt den Leuten nebst anderen Früchten besonders vielen Flachs zu ihrer Nahrung. Als Erdenburg31 verwüstet worden, ist ihnen auch der Acker zu erkant. Sie suchen sich auch mit Holz, Weinfuhr, Kalkbrennen und Bretterschneiden, Geld.



30. Bei einem Klafter von 1,65 m ergibt das eine Gesamttiefe von 132 m.
31. Nahe des Weidenbachs gelegene Ruinen des römischen Militärlagers Cumidava. Das war niemals eine gesonderte Ortschaft, so daß Rosenau auch dessen Hattert nicht bekommen konnte.

§.210

Die Wälder und Gebürge, die hieher gehören, reichen bis an Walachey, worüber sie schöne Privilegia besitzen. Holz haben sie die Menge, deßen sie wochentlich vieles verkaufen; es fehlt ihnen auch an schönen Quellen, sogar auch in Höfen nicht. Nicht weit davon entspringt in einem Grund der Fluß Weidenbach. Oberwärts dem Markt sind noch die Rudera32 des Land-Grabens zu sehen, welcher in den alten Zeiten ein hoher Schantz33 gewesen, und geht quer über das Feld bis an das Walachische Dorf Tohán.

§.211

Der Markt führet im Siegel 3 Rosen, die aus einem Herzen gewachsen, und die 3 Oerter anzeigen, die unter deßen Jurisdiction gestanden, und zum Theil auch noch stehn.

§.212

Die Einwohner sind Sachsen Evangelischer Religion, die ihren Pfarrer, 2 Diaconos34, Rector, Campan(ator), Cantor und Organisten haben. Walachen finden sich an diesem Orte sehr viele, welche eine Kirche und Poppen, wie auch einen Daskul35 haben.



32. Überreste, Spuren.
33. Wall- und Grabenanlage.
34. Prediger.
35. rum. Lehrmeister.

§.213

Mit der bürgerlichen Verfaßung hat es gleiche Bewandtniß wie mit Marienburg36. Es stehen Neustadt und Wolkendorf unter deßen Gerichtsbarkeit, vor Alters war es auch Erdenburg37.

§.214

Sie haben große Freyheiten beseßen, welche aber mit dem größten Theil der alten Privilegien verlohren gegangen. Ao. 1427 erlaubte ihnen der K(önig) Sigismund, wochentliche Markttage zu halten38.

§.215

Auch diesen Ort haben manche verderbliche Begebenheiten betrofen. In Krieges Zeiten mußte er Mannschaft stellen; 1237 wurde er von den Tartarn verwüstet und 1345 wieder39, also, daß nur diejenigen Einwohner mit

[f.25]40
dem Ihren verblieben, welche sich zeitig ins Schloß geworfen hatten. 1421 brandte es die Türken ganz ab, 1513 d. 20. Nov. wieder gantz. 1612 d. 27. März ließ der F(ürst) Bathori Gábor41 das Schloß beschießen, und bekam es aus Mangel des Waßers u. Verrätherey der walachischen Besatzung d. 3. Apr. in seine Gewalt, der es ausplünderte und mit seinem Volk besetzen ließ. 1585 M(ense) Junio fiel der Markt biß auf die Hinter Gaße in die Asche, zu deßen Erbaung der Fürst Sigism. Bathori42 UFl.43 500 schenkte. 1586 d. 15. Oct. und 1623 d. 4. May wieder gantz. 1645 d. 23. Sept. stekte es ein Mülner an, daß 55 Häußer abbrennen. 1658 d. 20. Aug. wird es biß auf etliche Höfte von den Tartarn eingeäschert44. 1698 d. 17. März brannte er biß auf eine Gaße ab. 1718 d. 29. Aug. brandte dieser Ort nebst dem Schloß, bey einem starcken Wind, völlig ab. 1733 d. 2. Julii verzehrte ein dreyfacher Wetter=Strahl 153 Höffte und 1758 d. 9. Julii gerieth durch Unachtsamkeit die gantze Burggaße auf der obern Seite in Flammen. Vom Hagel hat das Feld auch vielmal gelitten.



36. Vgl. §.189.
37. Die Erdenburg war niemals eine selbständige Siedlung..
38. Ub. IV, Nr.2014, S.314f. (5. Juli 1427).
39. Vgl. Anm.11.
40. Neue Schriftzüge.
41. Fürst von Siebenbürgen 1608-1613.
42. Fürst von Siebenbürgen 1581-1598.
43. Ungarische Gulden.
44. Damals kämpfte Leopold I. (1657-1705) in Siebenbürgen um den Fürstenthron.